Ihr seid euch jetzt vielleicht nicht sicher, ob ihr richtig gelesen habt oder ob es ein Druckfehler ist. Deshalb wiederhole ich es nochmals: hört bitte auf zu verkaufen. Und beginnt euch zu überlegen, was in eurer Apotheke passieren muss, damit die KundInnen kaufen wollen. Das klingt jetzt nach einem wilden Hirngespinst, aber ich möchte euch gerne erklären, warum dieses Umdenken so wichtig ist.
Machen wir ein Beispiel: eine Kundin kommt in die Apotheke und wir möchten ihr ein neues Kosmetikprodukt verkaufen. Dann versuchen wir es in der Regel mit Argumenten, Charme oder einer gewissen Portion Druck. Dabei berücksichtigen wir aber nicht, dass unsere Kundin vielleicht noch gar nicht bereit ist, um zu kaufen. Das kann viele Gründe haben: sie hat zu wenig Informationen über das Produkt, keine Zeit, keine Lust, keine Möglichkeit das gewünschte Produkt mitzunehmen, etc.
Kundenbrille aufsetzen
Im ersten Schritt ist es daher wichtig, die Perspektive zu wechseln, die Kundenbrille aufzusetzen und zu überlegen auf welchem „Level“ eure Kundin in Bezug auf das Kosmetikprodukt zu euch kommt. Ihr könnt 3 Levels unterscheiden: cold, hope und hot:
- Cold (Kalt): Eure Kundin hatte bisher noch keinen Kontakt mit dem Kosmetikprodukt und kommt auch wegen eines komplett anderen Themas in die Apotheke (z.B. um ein Rezept einzulösen).
- Hope (Hoffnung): Eure Kundin gibt euch zu verstehen, dass sie an Kosmetikprodukten interessiert ist (z.B. Kundin hält sich im Freiwahlbereich vor allem bei der Kosmetik auf).
- Hot (Heiss): Die Kundin gibt euch klar zu verstehen, dass sie ein Produkt kaufen möchte (z.b. klare Nachfrage nach Produkt X an der Tara)
Ihr habt KundInnen auf jedem Level bei euch in der Apotheke und das Ziel ist, alle auf das Level „hot“ zu bringen, denn dann wird das Kosmetikprodukt in unserem Beispiel gekauft.
Jeder Kauf braucht eine Aufwärmphase
Kommt eine Kundin mit dem Level „cold“ in die Apotheke, dann müssen wir sicherstellen, dass wir sie auf diesem Level abholen bzw. ansprechen. Hier wiederhole ich meine Aussage von ganz zu Beginn: Hört bitte auf zu verkaufen, sondern ermöglicht eurer Kundin den Kauf. Und das geht nur, wenn die Kundin über das Kosmetikprodukt besser Bescheid weiß und entdecken kann, ob das Produkt für sie von Bedeutung ist.
Ich gebe euch dazu ein einfaches Beispiel, wie man es aus meiner Sicht nicht machen sollte: wenn ich bei meinem Büro um die Ecke in den Drogeriemarkt gehe, erhalte ich an der Kassa immer wieder „Zusatzangebote“ wie zum Beispiel: „Kaufen Sie heute noch die Zahnpasta XY, sie ist im Angebot.“ Bisher habe ich bei diesen Angeboten noch nie zugeschlagen. Denn wenn ich bereits bei der Kassa stehe und meine Einkäufe auf dem Förderband liegen, dann bin ich gedanklich schon mit dem Einkauf fertig. Hätte ich eine Zahnpasta gebraucht, dann hätte ich eine gekauft. Die Aufforderung der Mitarbeiterin an der Kassa, kommt daher einerseits zu spät und ist andererseits viel zu direkt und fordernd.
Wie könnte man es besser machen? Denkt hier an meine Anregungen zum Thema „Inszenierung“ aus dem letzten pkajournal und lasst eure KundInnen neue Angebote selbst entdecken. Verkaufen funktioniert nicht immer nur, über die direkte Ansprache, sondern kann ganz einfach entstehen, indem ihr zum Beispiel durch einen Aufsteller auf ein neues Produkt oder eine neue Dienstleistung aufmerksam macht. Wenn euer Angebot auf dem Aufsteller für die Kundin interessant ist, dann beginnt die „Aufwärmphase“ und die Kundin ist nicht mehr „cold“.
Das Interesse geht von euren KundInnen aus
Der wichtige Punkt ist jetzt, dass das Interesse an dem Produkt bzw. der Wunsch das Produkt zu kaufen von der Kundin ausgeht. Ihr habt damit nicht „verkauft“, sondern den „Kauf ermöglicht“.
In Zukunft daher bitte immer überlegen, wie ihr „Cold-KundInnen“ aufwärmen und zum Kauf animieren könnt. Das kann ein Aufsteller, ein Produktmuster und vieles mehr sein. Ich bin mir sicher, dass euch viele spannende Ideen einfallen werden.
pkajournal: Artikel #3/2021 | Hör bitte auf zu Verkaufen | Redaktion: Mag. Dominik Flener