Bindeglied zwischen Wissenschaft und Anwendung

Kernaufgabe von Medical Affairs: die Bedeutung komplexer wissenschaftlicher Erkenntnisse für den klinischen Alltag herausarbeiten und dadurch zum Patientennutzen beitragen. Zielgruppenorientierte Kommunikation ist dabei von großer Bedeutung!

 

Seit einigen Jahren ist der Trend zu beob­achten, dass Medical-Abteilungen in Pharmaunternehmen nicht nur größer werden, sondern auch an Bedeutung gewin­nen. Dieser Aspekt war auch beim „Reuters Event Pharma 2021“, das vom 11. bis 22. Oktober virtuell stattfand, spürbar: Zahlrei­che Vorträge und Diskussionen beschäftigten sich mit aktuellen Veränderungen im Bereich Medical Affairs. So berichtete z.B. Steven Hil­demann, MD, PhD, EVP, Chief Medical Of­ficer, Head of Global Medical Affairs, Patient Safety and Patient Affairs bei Ipsen, dass vor einiger Zeit der Bereich Medical Affairs be­wusst in den Fokus des Unternehmens ge­stellt wurde. Hildemann betonte, dass es bei „Best-in-Class Medical Affairs“ darum gehe, wie man eine patienten- und arztzentrierte Transformation der medizinischen Abteilun­gen am besten abwickeln könne, um den Nutzen für Patienten zu steigern. Denn gera­de die Medical-Abteilungen seien die Schnitt­stelle zwischen wissenschaftlichen Daten, Ärzten und Patienten, so Hildemann.

 

 

Medical in den Fokus rücken

Dr. Holger Bartz, MBA, medizinischer Di­rektor bei Janssen in Österreich, ist der Mei­nung, dass die Arbeit von Medical Affairs im Kern gleichgeblieben ist, die Ausbildung sich jedoch sehr verändert hat und auch an­dere Aufgaben dazugekommen sind. „Zu­dem wird Medical Affairs in verschiedenen Unternehmen sehr unterschiedlich genutzt und gelebt. Das reicht von der einfachen Serviceabteilung bis hin zu einem wirklich prägenden Element der Organisation. Dies spiegelt sich auch in der Diskussion in der Fachöffentlichkeit wider. Hier hat sich die Sichtweise auf die Medical-Abteilungen in den letzten Jahren deutlich verändert“, er­klärt Bartz.Diesen Perspektivenwechsel belegen auch zwei McKinsey-Publikationen (beide „A Vision for Medical Affairs“ genannt). Die erste (https://www.mckinsey.com/industries/life-sciences/our-insights/pharma-medical-affairs-2020-and-beyond) stammt aus dem Jahr 2014 und beschreibt die Perspektive von Medical Affairs für das Jahr 2020. In dieser Arbeit werde, erläutert Bartz, Medical Affairs als eine Art „Dienstleister für bestimmte Arten von Kommunikationskanälen“ be­schrieben. „In der neueren Publikation, die 2020 erschienen ist und die Medical-Vision für 2025 skizziert (https://www.mckinsey.com/industries/life-sciences/our-insights/a-vision-for-medical-affairs-in-2025), wird hingegen gefordert, dass Me­dical Affairs eine eigenständige Linie und Abteilung sein solle, die sich zwischen dem ‚Research and Development‘- und dem kommerziellen Bereich einordnet.“ Für Bartz zeigt dies, dass sich das Verständnis des Medical-Bereichs, aber auch das Aufga­benspektrum so verändert haben, dass Me­dical Affairs heute eine andere Rolle in Or­ganisationen einnimmt.Auch Mag. Dominik Flener, Geschäftsführer der HealthCareConsulting Group, hat in den letzten Jahren eine zunehmende Bedeu­tung der Medical-Abteilungen bemerkt. Er führt dies unter anderem darauf zurück, dass die wissenschaftliche Expertise wichti­ger geworden ist – „nicht zuletzt, weil die Anforderungen der Stakeholder diesbezüg­lich gestiegen sind. Darauf haben Pharma­firmen reagiert und den Medical-Bereich vermehrt in den Fokus des Unternehmens gerückt.“ Die Folgen dieser Veränderungen sind für Flener eine starke Professionalisie­rung in der Kommunikationsfunktion der Medical-Abteilungen, die Schaffung neuer Profile, wie z.B. des Medical Science Liaison Managers (MSL), und eine differenzierte Ausrichtung des Außendienstes (AD) – dazu später mehr.

„Wir ‚Medicals‘ sind DER wissenschaftliche Gesprächspartner für die verschiedenen Stake­holder, daher müssen wir diese mit den für sie relevanten Informationen versorgen.“, Dr. Sylvia Nanz, Medical Director, Pfizer Corporation Austria

 

Infos in Kontext einbetten

Für Dr. Sylvia Nanz, Medical Director bei Pfizer Corporation Austria, ist Medical Af­fairs das Bindeglied zwischen wissenschaft­lichen Daten und Zulassungstexten auf der einen Seite und den Anwendern auf der an­deren Seite. Diese Kernaufgabe hat sich ih­rer Ansicht nach in den letzten zehn Jahren nicht verändert. „Pharmaunternehmen brauchen jemanden, der einen wissen­schaftlichen Background mitbringt und das komplette Bild darstellen kann. Als Medical muss man perfekt für die jeweilige Zielgrup­pe ‚übersetzen‘ können, das heißt, man muss die komplette Information, die das Gegenüber braucht, in den jeweiligen Kon­text einbetten“, erklärt Nanz. Dies sieht auch Bartz als wesentliche Aufgabe des Me­dical-Bereichs und betont: „Dieser Teil ge­winnt an Bedeutung, denn die Art der medi­zinischen Kommunikation und damit auch der medizinische Außendienst haben sich in den letzten Jahren sehr verändert und befin­den sich aktuell erneut in Veränderung.“Auch der ganze Bereich der klinischen Stu­dien – wie diese durchgeführt werden, wie man Daten generiert etc. – hat sich laut Bartz stark verändert: „Hier spielt natürlich die Digitalisierung eine große Rolle, die im Bereich Medical schon sehr lange den Ar­beitsalltag immer wieder verändert. Nicht zuletzt aufgrund der zunehmenden Digitali­sierung geht die Arbeit von Medical Affairs zunehmend in Richtung Datendiskurs, also Verständnis, Interpretation und Einordnung von Daten“, so Bartz.

„Medical Affairs hat traditionell eine Schnittstellenfunktion. Man ist als Organisation nur erfolgreich, wenn diese Abteilungen gut zusammenarbeiten.“, Dr. Holger Bartz, MBA, medizinischer Direktor, Janssen Österreich

 

Medical als strategische Säule

Auch Dr. Andrea Maier, Medical Director von AbbVie in Österreich, sieht Medical Af­fairs als eine wichtige strategische Säule, denn Forschung und Entwicklung seien der Motor von Unternehmen wie AbbVie, die auf Innovation fokussiert sind: „Die Basis unserer täglichen Arbeit ist der ausgewoge­ne und transparente wissenschaftliche Dia­log mit Experten aus dem Gesundheitsbe­reich über neue Wirkansätze und die Produkte in den jeweiligen Therapiegebie­ten. Dieser Austausch basiert überwiegend auf Studiendaten vor und auch nach der Zulassung eines Produkts. Und auch im Rahmen von Phase-IV-Studien gilt es, wich­tige wissenschaftliche und klinische Frage­stellungen zu adressieren.“ Dabei sieht Mai­er nach wie vor das persönliche Gespräch als die bevorzugte Form des Dialogs, doch durch die Pandemie habe natürlich auch im Bereich Medical Affairs ein regelrechter Di­gitalisierungsschub in Bezug auf Kommuni­kationswege stattgefunden: „Der Austausch findet nun über viele Kanäle statt, die sich ergänzen, wie beispielsweise Webinare, So­cial Media, E-Mails oder auch Meetings der Medical-Science-Teams. Somit ist das An­forderungsprofil für die Mitarbeiter von Me­dical Affairs vielfältig und bietet zahlreiche Chancen: die Verbindung von Wissenschaft, neuen Kommunikationskanälen sowie die internationale Vernetzung im Rahmen von Studien und Projekten.“Auch Nanz hat festgestellt, dass sich die Kommunikation mit den Ärzten in der Pan­demie stark auf virtuelle Wege verlagert hat, was ihrer Erfahrung nach insbesondere bei Einzelgesprächen, aber auch in Gruppen­diskussionen sehr gut funktioniert. „Die vir­tuelle Kommunikation wird sicherlich wei­terhin eine zentrale Rolle einnehmen, auch wenn nach der Pandemie Präsenztreffen wieder vermehrt stattfinden werden“, prognostiziert sie.

 

Gemeinsam mehr erreichen

Die Zusammenarbeit des Medical-Bereichs mit allen Abteilungen des Unternehmens ist in Maiers Augen sehr wichtig, u.a. auch mit dem Bereich Pharmakovigilanz: „Die grund­legende Aufgabe von Pharmakovigilanz ist die systematische Überwachung der Sicher­heit von Arzneimitteln vor und nach der Zu­lassung. Die Identifizierung und Beurtei­lung unerwünschter Nebenwirkungen und die Implementierung von angemessenen Maßnahmen zur Risikominimierung sind dabei essenziell. Dafür sind Zusammenar­beit und Abstimmung mit allen Abteilungen des Unternehmens erforderlich“, erläutert Maier. Nanz sieht dies ähnlich, allerdings betont sie, dass die Zusammenarbeit mit Drug Safety und Regulatory in der Launch-Phase eines Medikaments, wenn dieses neu auf den Markt kommt, besonders intensiv sei, ebenso immer im Falle neuer Erkennt­nisse zur Sicherheit und Verträglichkeit oder bei Indikationserweiterungen.Für Bartz spielt bei der Zusammenarbeit der Abteilungen auch der internationale Kon­text eine wichtige Rolle: „Gerade der Bereich Pharmakovigilanz ist sehr international or­ganisiert und verwaltet daher riesige Daten­mengen. Ziel ist es, die gleichen hohen Stan­dards international anzuwenden. Zudem gibt es selbstverständlich immer auch natio­nale Ausprägungen, die extrem relevant sind; so muss beispielsweise natürlich die Fachinformation in der Landessprache er­hältlich sein.“ Deswegen ist für Bartz neben der wichtigen internationalen Arbeit auch die nationale Verantwortlichkeit von großer Bedeutung: „Hier muss zumindest ein insti­tutionalisierter Austausch zwischen Phar­makovigilanz, Regulatory Affairs und ande­ren Organisationseinheiten, wie eben z.B. Medical, stattfinden.“ Auch im Zusammen­hang mit klinischen Studien weist Bartz auf die große Bedeutung des Bereichs Pharma­kovigilanz hin: „Es gibt ja die Bemühungen mancher Unternehmen, strategische Phar­makovigilanz-Abteilungen aufzubauen. Eine der Aufgaben einer solchen Abteilung wäre meiner Ansicht nach, zu erheben, in welchen Bereichen es Bedarf an klinischen Studien gibt, um aus einem Off-Label-Use einen Label-Use zu machen. Das halte ich für einen sehr unterschätzten Punkt bei den Aufgaben der Pharmakovigilanz.“

 

Studien ins Land holen

Für Nanz ist vor allem zwischen der Medi­cal- und der Clinical-Research-Abteilung eine sehr enge Zusammenarbeit erforder­lich. Es gehe darum, sich gemeinsam dafür einzusetzen, klinische Studien auch weiter­hin nach Österreich zu bringen, damit Ärzte frühzeitig Erfahrungen mit neuen Medika­menten gewinnen können. „Dabei muss man sich sozusagen gegen den Mitbewerb im eigenen Haus, also aus anderen Ländern, durchsetzen. Medical Affairs kann hierzu wesentlich beitragen, z.B. die Top-Experten in Österreich benennen, über die Erfahrun­gen mit klinischen Studien, Patientenpools und bestehende Infrastruktur informieren etc.“, ist Nanz überzeugt.

 

Wie viel „Medical“ braucht der Außendienst?

„Der Außendienst der Pharmaunternehmen war auch schon früher sehr gut ausgebildet und wusste über medizinische Themen gut Bescheid. Doch in den letzten Jahren haben sich zwei Typen von Außendienst herausge­bildet: Während es auf der einen Seite einen sehr stark kommerziell ausgebildeten Au­ßendienst gibt, wird der andere Außen­dienst-Typ vor allem bei innovativen Pro­dukten eingesetzt und beschäftigt Mitarbeiter mit guten medizinischen Kennt­nissen“, berichtet Flener. Jedes Unterneh­men muss sich seiner Meinung nach ent­scheiden, wie man den eigenen Außendienst ausrichtet, sprich, für welche Art man sich entscheidet. Auch Bartz differenziert zwischen zwei Au­ßendienst-Formen: dem medizinisch-wis­senschaftlichen der bei Medical Affairs an­gesiedelt ist, und dem eher kommerziell orientierten Außendienst, der in den kom­merziellen Einheiten des Unternehmens, also z.B. Marketing und Sales, angesiedelt ist. Diese Unterscheidung ist seiner Ansicht nach wichtig, denn „es gibt einen erhöhten Bedarf an Themen rund um Indikationen, Produktgruppen, Produktgebiete und phar­mazeutische Gruppen. Hier hat sich im wis­senschaftlichen und im regulatorischen Be­reich viel verändert, es stehen viel mehr Daten zur Verfügung, es treten schneller Veränderungen auf und auch die Ansprüche der Ärzteschaft sind berechtigterweise hö­her geworden.“ Flener erklärt, dass die teilweise getroffene Einteilung, dass der Außendienst für Sales- Themen zuständig ist, während für wissen­schaftliche Themen die Ansprechpartner aus dem Medical-Bereich kommen, derzeit manchmal für Verwirrung bei Ärzten sorge, weil diese an die verschiedenen Ansprech­partner in einem Unternehmen (noch) nicht gewöhnt sind – ein Punkt, den Bartz nach­vollziehen kann. Allerdings haben seiner Meinung nach bereits viele Ärzte gelernt, wer wofür ihr Ansprechpartner ist, auch wenn dies dem Prinzip „One-Face-to-the-Customer“-Ansatz, der oftmals in der In­dustrie üblich sei, widerspreche. „Hier muss jedes Unternehmen für sich entscheiden, welchen Weg es mit dem Außendienst und der Medical-Abteilung gehen will und wer im Hinblick auf die jeweilige Zielgruppe als Ansprechpartner wofür zuständig ist“, so Bartz. Auch Flener hält es für sehr wichtig, dass Un­ternehmen klar definieren, für welche The­men der Außendienst und für welche der Medical-Bereich zuständig ist, damit eindeu­tig feststeht, wer was an den Arzt kommuni­ziert. Flener empfiehlt in diesem Zusammen­hang eine stärkere Kommunikation zwischen Außendienst und Medical-Abteilung: „Die beiden Abteilungen sollten sich beispielswei­se auch darüber austauschen, was positiv bei den Ärzten ankommt etc.“

„Verschiedene Ansprechpartner in einem Unter­nehmen – Außendienst, Medical etc. – sorgen bei Ärzten für Verwirrung. Ich würde Pharmaun­ternehmen raten, dies zu vereinfachen.“

Dominik Flener, Geschäftsführer HealthCareConsulting Group 

HCC Profilbilder: Dominik Flener

Grenzen kennen

Bartz sieht den Vorteil der unterschiedli­chen Ansprechpartner darin, dass so das Recht des Arztes auf die bestmögliche In­formation besser erfüllt werden könne, denn so stünde immer der spezialisierteste Gesprächspartner zur Verfügung, was bei den heutigen hochkomplexen Themen nicht mehr eine Person alleine gewährleis­ten könne. „Außerdem glaube ich, dass diese Trennung der Ansprechpartner auch das Bild der Pharmaindustrie verändern kann, nämlich dahingehend, dass man uns nicht länger als rein kommerziell getrieben ansieht. Denn wir von Medical Affairs füh­ren ja keine Verkaufsgespräche, sondern liefern Informationen über den wissen­schaftlichen Hintergrund, die Einsatzge­biete etc.“ Dafür braucht es seiner Meinung nach einen extrem gut geschulten Außen­dienst, der „die Grenzen des für ihn Er­laubten kennen muss. Das bedeutet, ein Außendienstmitarbeiter muss wissen, was er an Informationen liefern kann und darf, welche Fragen er beantworten darf – und wo der Punkt erreicht ist, an dem er an den Medical-Kollegen oder an den Kollegen vom medizinisch-wissenschaftlichen Au­ßendienst weitergeben muss. Der medizi­nisch-wissenschaftliche Außendienstmitar­beiter wiederum muss tiefgehend über Daten und Indikationen Bescheid wissen – und das bei ständig neuen Daten! Daher sind regelmäßige Trainings unerlässlich“, betont Bartz.

 

Daten ins „echte Leben“ transferieren

Auch bei AbbVie steht außer Frage, dass der medizinisch-wissenschaftliche Außen­dienst für die Kommunikation mit den Ärzten exzellent ausgebildet sein muss. „Der wissenschaftlich-klinische Dialog mit den Ärzten ist die Basis, um ein tiefes und transparentes Verständnis für die Studien­daten zu erlangen und eine adäquate Diffe­renzierung der verfügbaren Therapien zu erreichen. Diese Partnerschaft auf Augen­höhe mit den Ärzten benötigt eine hohe wissenschaftliche Kompetenz des medizi­nisch-wissenschaftlichen Außendienstmit­arbeiters und die Fähigkeit, diese komplexen Daten gemeinsam mit den Ärzten hinsicht­ lich der klinischen Praxis in Perspektive zu setzen“, erläutert Maier. Nanz ist ebenfalls der Überzeugung, dass der Außendienst extrem gut geschult sein muss, um die Ärzte über die heute sehr spe­zifischen Produkte mit relevanten Informa­tionen versorgen zu können. Die Medical- Mitarbeiter haben hierbei eine zentrale Rolle inne: „Die Grundlage ist, dass sich die zu­ständigen Produkt-Medicals wirklich bes­tens auskennen müssen, sowohl aufgrund von Literatur als auch aufgrund von Gesprä­chen mit Ärzten. Die Medical-Mitarbeiter müssen die Informationen über die Produk­te sozusagen ins ,echte Leben‘ transferieren – und auf dieser Basis muss der Außendienst geschult werden! Dabei brauchen die Au­ßendienstmitarbeiter nicht nur Informatio­nen über die Erkrankung, sondern müssen auch über die Spezifika des Produkts Bescheid wissen – und natürlich darüber informieren können, für welche Patienten dieses geeignet ist.“

 

Mit Marketing High-Level-Strategien entwickeln

Auch zwischen Medical- und Marketingab­teilung muss laut allen Befragten eine enge Zusammenarbeit stattfinden. „Der Medical- Bereich spricht ja in der Pre-Launch-Phase mit den Ärzten und die dabei erhaltenen In­formationen sollten an die Marketingmitar­beiter weitergegeben werden, da sie für diese hilfreich sein könnten. Generell kann das Marketing die Informationen aus dem Medi­cal-Bereich sehr gut gebrauchen. Denn das heutige Pharmamarketing hat sich von einem reinen Produktmarketing wegentwickelt. Es geht vielmehr um Storytelling und Aware­ness-Kampagnen. Hierzu braucht es auch das Wissen der Medical-Abteilungen“, ist Flener überzeugt. Umgekehrt sei es auch wichtig, dass das Denken des Marketings den Medical-Mitarbeitern nähergebracht wird. „Es geht um ein Zusammenspiel auf Augen­höhe“, so Flener. Nanz sieht dies ähnlich: „Medical-Affairs-Mitarbeiter müssen ein Grundverständnis dafür haben, wie der Markt funktioniert, z.B. die Erstattung. Und Mitarbeiter der Marketingabteilung müssen ein naturwissenschaftliches Basiswissen auf­weisen, um die Spezifika des Umfelds und den Hintergrund der Produkte zu verstehen.“ Zudem sieht Nanz die akkordierte strategi­sche Ausrichtung als wichtigen Aspekt: „Medical und Marketing legen gemeinsam eine High-Level-Strategie für ein Produkt fest. Dafür braucht es regelmäßigen Infor­mationsaustausch.“ Gleichzeitig ist ihrer Meinung nach für einen reibungslosen Ab­lauf eine klare Trennung von Medizin- und Marketingprojekten erforderlich: „Beide Ab­teilungen müssen unabhängig voneinander arbeiten – zwar mit regelmäßigem Aus­tausch, aber mit definierter Letztverantwor­tung bei jeweils einer der beiden Abteilun­gen. Denn in der Durchführung müssen die beiden Abteilungen unabhängig agieren, um auch gegenüber den Ärzten die Tren­nung zwischen Medical und Marketing zu positionieren.“

„Medical Affairs ist eine wichtige strategische Säule in forschenden Pharmaunternehmen und für den ausgewogenen und transparenten wis­senschaftlichen Dialog mit Experten aus dem Gesundheitsbereich zuständig.“, Dr. Andrea Maier, Medical Director, AbbVie Österreich

 

Gemeinsames Ziel, unterschiedliche Wege

Bei AbbVie ist die Zusammenarbeit zwi­schen den Abteilungen – und somit auch zwischen Medical und Marketing – über eine Matrixorganisation geregelt. „Im Fokus der Aktivitäten stehen das Produkt und die Frage, wie jede Funktion des Unternehmens am besten zum Erfolg beitragen kann. Das gelingt nur durch ein gut abgestimmtes Mit­einander aller Funktionen in einem soge­nannten Brand Team, in dem Mitarbeiter aus Marketing, Medical Affairs, Regulatory, Finance, Communications & Patient Rela­tions, Market Access sowie Sales vertreten sind“, erklärt Maier.Bartz betont, dass bei der Zusammenarbeit von Medical und Marketing klar sein müsse, dass beide dasselbe Ziel verfolgen: „Jeder Pa­tient soll die bestmögliche Therapie erhalten. Wenn das alle vor Augen haben, egal, in wel­cher Abteilung sie tätig sind, zieht man ge­meinsam an einem Strang, auch wenn man unterschiedliche Wege geht, um das Ziel zu erreichen.“ Welche Abteilung zu welchem Zeitpunkt vorherrschend agiert, ändert sich laut Bartz im Laufe des Lebenszyklus eines Produkts: „Vor der Zulassung ist Medical Af­fairs die präsentere Abteilung. Im Laufe des Produktzyklus übernehmen dann Marketing und Sales zunehmend mehr Verantwortung. Das Ziel – der Patientennutzen – bleibt aber gleich.“

 

PharmaAustria | PA 04./2021 | Bindeglied zwischen Wissenschaft und Anwendung | Redaktion: Mag. Nicole Gerfertz-Schiefer

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