Von Sneakers und anderen Entscheidungen

Am 19. April 2021 wurde der neue Gesundheitsminister Wolfgang Mückstein angelobt. Mit ihm übernimmt ein praktischer Arzt aus Wien, das derzeit wohl meistbeachtete Ministerium Österreichs. Bei seiner Angelobung bekam aber etwas ganz anderes viel Beachtung: seine Sneaker.

Der neue Gesundheitsminister möchte Akzente setzen und beginnt damit gleich bei der ersten Gelegenheit, denn er trägt sowohl beim ersten Auftritt vor der Presse als auch seiner Angelobung Sneaker. Seither entbrennt eine hitzige Diskussion, ob das Tragen von Sneakers bei der Angelobung für einen Minister würdig ist oder ob es immer Anzug mit feinem Schuhwerk – in Wien gerne auch als „Einserpanier“ bekannt – sein muss. Das Spannende daran ist, dass es darauf keine klare Antwort gibt. Gibt es ein „richtig“ oder ein „falsch“? Wie ist eure Meinung? Deckt sich diese mit der Meinung eurer KollegInnen oder FreundInnen? Für eure Tätigkeit in der Apotheke steckt aber ein spannender Aspekt in dieser ganzen Diskussion und darüber möchte ich diesmal in meiner Rubrik schreiben.

 

20.000 Entscheidungen pro Tag

Ihr müsst in nächster Zeit (wahrscheinlich) zu keiner Angelobung gehen. Aber dennoch habt ihr jeden Tag sowohl in der Apotheke als auch in eurem Privatleben Entscheidungen zu treffen. Ihr steht immer wieder vor der Frage, ob ihr Möglichkeit A oder B nehmen sollt. Das beginnt – wie bei Wolfgang Mückstein – mit der Frage, welche Schuhe ihr zur Arbeit anziehen wollt. Geht dann den ganzen Tag weiter: Wie soll die Auslage gestaltet sein? Welches Produkt ist für die Kundin oder den Kunden besser geeignet? Macht es Sinn die Konditionen von Pharmafirma X anzunehmen oder soll nachverhandelt werden? Etc. Im Schnitt trefft ihr 20.000 Entscheidungen pro Tag.

 

Richtig oder falsch?

Ob diese Entscheidungen alle richtig getroffen wurden, stellt sich oft erst im Nachhinein wirklich heraus. Die Frage ist: was kann man tun, um bessere Entscheidungen zu treffen? Hier gilt als erste Grundregel: Die eigene Meinung ist wichtig, kann aber oft zu wenig sein. In der Marktforschung würde man vom Problem der „Ein-Personen-Stichprobe“ sprechen. Wenn man nur eine Person fragt, bekommt man nur eine Meinung und diese kann richtig oder falsch sein bzw. ist es eben immer nur eine Sichtweise.

Machen wir dazu ein Apothekenbeispiel: zur jetzt beginnenden Wandersaison überlegt ihr euch die Neugestaltung eines Schaufensters. Ihr möchtet gerne euer Angebot in den Bereichen Nahrungsergänzung, Blasenpflaster und Sonnenschutz für Wanderer präsentieren. Um mehr Aufmerksamkeit (siehe dazu auch mein Beitrag in der Ausgabe 02/2021) zu erzielen, wollt ihr ein Plakat mit einem Bild in die Auslage hängen. Ihr überlegt daher, welches Bild ihr nehmen sollt. Möglichkeit 1 wäre, dass ihr einfach ein Bild wählt, dass euch persönlich gefällt. Möglichkeit 2 – und aus meiner Sicht die bessere Möglichkeit – wäre zuerst zu überlegen, wer die Wanderer sind, die ihr ansprechen möchtet. Alter? Geschlecht? Mit Kindern / ohne Kinder? Also zum Beispiel junge Familien mit Kindern im Alter von 0 bis 12. Und dann befragt Personen, die genau in diese Zielgruppe fallen. Welches Bild würde sie ansprechen? Hier gilt natürlich wieder die Regel, dass ihr mehr als 1 Person befragen müsst, um nicht in das Problem der Ein-Personen-Stichprobe zu kommen. Ihr werdet sehen, dass sich nach der Befragung von 5-10 Personen ein vollkommen neues Bild ergibt, das vielleicht auch nicht mit eurem eigenen Bild zusammenpasst.

 

Fragen kostet nichts, bringt aber viel

Es ist daher wichtig, dass ihr im beruflichen – und auch privaten Umfeld – eure Entscheidungen nicht nur durch die eigene Brille, sondern auch die Brille der Kunden seht. Ich lade euch daher ein vor den nächsten Entscheidungen wie folgt vorzugehen:

  1. Gibt es Erfahrungen aus der Vergangenheit, die ihr nutzen könnt? Gibt es in unserem Beispiel ein Plakat das schon einmal sehr gut / sehr schlecht funktioniert hat? Dann habt ihr einen ersten Anhaltspunkt.
  2. Habt ihr selbst schon eine klare Meinung? Wenn ihr schon eine sehr klare Meinung habt, dann passt bitte auf, dass ihr auch andere Meinungen hört und zulasst. Nur so macht dann Schritt 3 auch wirklich Sinn.
  3. Befragt in einer kleinen Umfrage KollegInnen, KundInnen und FreundInnen. Und seid offen viele neue Ideen und Anregungen zu bekommen.

Ihr werdet sehen, dass die anderen und neuen Meinungen sehr spannend sein werden. Ich wünsche euch auf jeden Fall wieder viel Spaß beim Ausprobieren.

 

pkajournal: Artikel #4/2021 | „Von Sneakers und anderen Entscheidungen“ | Redaktion: Mag. Dominik Flener

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